Pastificio Faella

Gragnano, Campania, Italien

Betrachtet man die Details der Teigwarenherstellung, wird es schnell sehr komplex und die Qualitätsunterschiede sind enorm. Es fängt beim Mehl an, dessen Herkunft, die Grundqualität des Hartweizens und die richtige Mischung enorm wichtig sind. Bei Faella stützt man sich auf langjährige Beziehungen zu Mühlen und Händlern, die auf hohem gegenseitigen Respekt und Vertrauen basieren.

Spaghettiproduktion

Teigwarenproduzenten mit Passion

Sergio Faella bezieht den Hartweizen nur von italienischen Produzenten, die höchste Qualität garantieren. Jede Partie wird von Auge und mit den Fingern geprüft, die Sensibilität dafür hat sein Onkel über Jahrzehnte entwickelt und perfektioniert. Der Glutenwert liegt bei der Faella-Pasta bei mindestens 12, während sich die Grossindustrie zwischen 9 und 10 bewegt.

Der Neffe Sergio Cinque, der heute das Unternehmen führt, ist mit grosser Passion in die Fussstapfen des Onkels getreten. Dass ihm die Leidenschaft für Pasta in Herz und Blut übergegangen ist, wird klar, wenn er eine seiner bis zu halbstündigen Abhandlungen über irgendein Detail betreffend Teigwaren beginnt. Ein Stichwort genügt und schon ist einem ein Vortrag sicher. Wenn ihm eine Rezeptidee unpassend erscheint, kann er sich ereifern und erklären, warum die Linguine zu Meeresfrüchten passen, aber sicher nicht die Penne, oder zu welcher Pasta die Tomate passt und zu welcher nicht. Jede Teigwarenform hat in Neapel Geschichte und Tradition – und der Formen sind viele!

Faella in den 1920er-Jahren

Über dem Schreibtisch von Sergio prangt eine alte Werbung für Faella aus den 1920er-Jahren. Darauf eine riesige Fabrik mit Schornsteinen, die an die grossen Fabriken von Barilla oder Buitoni erinnert. Nur ist Faella ein Kleinstbetrieb mitten in Gragnano und das grosse Fabrikgelände ist ein Märchen. So ändern sich die Zeiten – während heute Barilla seine Werbung in einer möglichst kleinen alten Küche mit der Nonna filmt, war es damals für Faella unmöglich, seinen Kleinstbetrieb zu zeigen, denn nur wer gross und wichtig erschien, konnte Kunden im fernen Amerika überzeugen, da dort Grösse mit Erfolg und somit Qualität gleichgesetzt wurde.

Gragnano, die Pastastadt

Faella ist über das letzte Jahrhundert hinweg gleich geblieben, mit zwei Pastapressen und wenigen Trocknungszellen, mit viel handwerklichem Können und persönlicher Präsenz bei der Produktion in den jahrhundertealten Gewölben am Hauptplatz von Gragnano. Die anderen Firmen sind ins Tal gezogen, haben dort grosse Fabrikgebäude gebaut und die Produktion automatisiert.

Anfang Jahrhundert wurden oben in Gragnano, wo die Wiege der Pasta in Italien liegt, in fast jedem Haus Teigwaren produziert. Grund dafür ist die Lage dieses Dorfes, das sich am Eingang eines Bergtals befindet, wo durch die Thermik immer ein Wind weht.

Die reine Luft der Berge in Kombination mit dem reinen Wasser aus den Quellen führte dazu, dass die Pasta aus Gragnano berühmt wurde. Die Hauptstrasse des Dorfes wurde absichtlich in Richtung des Tales und mit einer speziellen Verengung gebaut, damit sich durch eine Ventilwirkung der Luftstrom noch verstärkte.

Damals wurden die Teigwaren an Holzständern auf der Strasse getrocknet, was den Weizengeschmack voll zur Entfaltung brachte. Auch heute ist die Trockung ein entscheidendes Element für die Qualität. Je schneller und heisser die Trockung geschieht, umso mehr Geschmack verliert die Pasta. Da Zeit ja Geld ist, hat man im industriellen Prozess Trocknungszeit eingespart und damit an Qualität verloren – das Ergebnis sind die glasig-gelben Teigwaren.

Der Faella’sche Trocknungsprozess

Bei Faella dauert der Trocknungsprozess mehr als doppelt so lange wie andernorts – bis zu 60 Stunden – und wird bei tiefen Temparaturen, bei unter 48 Grad, vollzogen. Am besten schmecken dadurch bei Faella auch die extra langen Formen, denn sie benötigen eine noch längere und langsamere Trockung und machen die Candele lunghe zur Krönung des Pastageschmacks.

Formenvielfalt

Neben den langen Formen pflegt man bei Faella auch viele «Pasta-corta»-Formen aus neapolitanischer Tradition, wie die Grossformen Paccheri und Lumaconi, die auch gefüllt und gratiniert werden können.

Die Matrizen, durch die der Teig gedrückt wird, um die verschiedenen Formen zu erzeugen, sind bei Faella zum grössten Teil aus Bronze hergestellt, da dies die Oberfläche der Teigwaren rauher macht und sich in der weisslichen Farbe äussert. An dieser Pasta haftet die Sauce besser.

Lediglich wenige Sorten wie Linguine, Spaghettini und Bucatini werden mit Teflonformen produziert, weil sie durch den kleinen Querschnitt sonst brechen würden. Dies hat aber auf den Geschmack keinerlei Einfluss, sondern nur auf das Haften der Sauce.

Wenn bei Faella sogar der kleine Sohn von Sergio sich beschwert, wenn er an der Pfanne mit den kochenden Teigwaren riecht und einen Kartongeschmack entdeckt (weil es zum Test mal eine Pasta der Grossindustrie war), weiss man, wie hoch der Anspruch dieser Familie bei allem ist, was mit Essen zu tun hat.

Und zum Abschluss noch eine Portion Historisches ...

In China sind Nudeln mindestens seit den Zeiten der Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) bekannt. In einem der ältesten schriftlichen Belege ist von Nudeln, gedämpften Teigtaschen und Klösschen die Rede. Auch bei den antiken Griechen waren Nudelgerichte bekannt, was durch Abbildungen von Geräten zur Nudelherstellung in etruskischen Gräbern bezeugt wird.

Die Griechen nannten die Teigspeise pastái und makaría teilweise auch láganon (daher die Begriffe Pasta und Makkaroni). Bei den Griechen handelte es sich um eine dickflüssige Teigwarensuppe, die bei Beerdigungen zu Ehren des Toten gegessen wurde. Ebenso gibt es verschiedenste Belege dafür, dass Pasta schon im alten Rom gegessen wurde.

Etwa im 11. Jahrhundert fanden die Araber heraus, dass die Pasta länger haltbar bleibt, wenn die Oberfläche der Nudel vor der Trocknung vergrössert wird. Der geknetete Teig wurde daher um feine Stöckchen gewickelt und dann getrocknet, um so das Lebensmittel vor Schimmelbefall zu bewahren.

Im 12. Jahrhundert schrieb der Geograf Al-Idrisi, dass in der Nähe von Palermo in Sizilien Fäden aus Weizen gekocht werden, die von Muslimen wie von Christen gleichermassen gern gegessen werden. Ebenso berichtet er über einen umfangreichen Export dieser «Itryah» genannten Pasta in den gesamten Mittelmeerraum. Es handelt sich hier um das erste schriftliche Dokument, in dem von Pasta nach heutiger Definition die Rede ist.

Die italienische Küste, speziell das Gebiet um Neapel, entwickelte sich zeitweise zu einer regelrechten Hochburg der Pastaproduktion, weil sich die besonders reine und keimfreie Luft des Mittelmeers zum Trocknen sehr gut eignete.

Heute gibt es nur noch wenige traditionelle Pastaproduzenten (pastifici) in Italien, der Grossteil der Teigwaren wird industriell hergestellt.

Candele am Trocknen

Typische Produkte dieses Produzenten